Warum Fehler verschwiegen werden und wie Sie das ändern können
Fehler zu machen ist menschlich. Eine Projektidee wurde in den Sand gesetzt? Ein Mitarbeiter hat eine Deadline verpasst? Ein Auftrag konnte nicht angenommen werden, weil der Kunde nicht zurückgerufen wurde? Das ist ärgerlich, aber es passiert. Niemand gibt gerne Fehler zu. Denn man fühlt sich natürlich nicht wohl dabei, wenn man darüber sprechen und eine Schuld eingestehen muss. Dabei stellt das Verschweigen von Fehlern jedoch eine große Hürde für den Erfolg eines Unternehmens dar. Denn nur, wenn mit Fehlern konstruktiv umgegangen wird, kann daraus gelernt werden. Gibt es vielleicht Rahmenbedingungen, die eine positive Fehlerkultur verhindern?
Leider wird das oft übersehen: In vielen Unternehmen wird das Zugeben von Fehlern aktiv blockiert. Fehler sind tabu – das ist leider oft die vorherrschende Meinung. Passiert doch einmal etwas, begibt man sich umgehend auf die Suche nach einem Schuldigen. Der Fehler wird an einer Person festgemacht, anstatt wie in einer konstruktiven Fehlerkultur nüchtern zu analysieren, wie es zu dem Fehler kommen konnte. Das führt nicht nur zu einem geringen Selbstwertgefühl beim betroffenen Mitarbeiter, sondern kann auch eine Fehlerkultur untermauern, die Wachstum und Entwicklung des ganzen Unternehmens hemmt. Das Verschweigen von Fehlern sollte daher unbedingt vermieden werden. Doch wie geht das?
In dieser Reihe erhalten Sie aktive Tipps und Handlungsempfehlungen, wie Sie Stück für Stück eine erfolgreiche Fehlerkultur in Ihrem Unternehmen etablieren. Mit diesen Anweisungen werden Sie das soziale Klima unter Ihren Mitarbeitenden stärken und eine produktive Arbeitsatmosphäre schaffen.
Schaffen Sie die Rahmenbedingungen für eine positive Fehlerkultur
Eine positive Fehlerkultur ist immer als Zusammenspiel aus individuellem Verhalten und dem vorherrschenden Kontext zu verstehen. Das Verhalten und der Kontext werden durch die zu Grunde liegenden Rahmenbedingungen bestimmt. Die Rahmenbedingungen für eine positive Fehlerkultur setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Dazu zählen unter anderem:
- Führungsaufgaben – Wie wird Fehlerkultur vorgelebt?
- Bonus und Beförderungs-Systeme – Untersützen diese Strukturen Fehlermeldungen?
- Mitarbeiterbeteiligung – Werden Teammitglieder in die Entwicklung einer Fehlerkultur mit einbezogen?
- und Feedbackkultur – Wie werden Fehler angesprochen und kommuniziert?
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Warum Rahmenbedingungen individuelle Entscheidungen beeinflussen
In der Regel verhalten sich Menschen rational an ihre Ziele, Ideale und die entsprechende Situation angepasst. Die Entscheidung, einen Fehler zu verschweigen, wird durch die Rahmenbedingungen bestimmt. Ist der Preis für das Verschweigen geringer, als der Preis, den Fehler anzusprechen, wird ersteres bevorzugt. Welche Rahmenbedingungen vorliegen, können an Fragen abgeleitet werden, die diese Entscheidung beeinflussen. Solche Fragen könnten zum Beispiel lauten:
- Bei welchem Verhalten muss ich mir “wieder etwas anhören”?
- Verursacht schweigen oder reden den größeren Mehraufwand?
- Habe ich einen cholerischen Vorgesetzten?
- Mobben mich die Kollegen?
- Werde ich öffentlich in Meetings vorgeführt?
Ihre Rahmenbedingungen bestimmen maßgeblich die Entscheidung für das Verschweigen oder offen kommunizieren von Fehlern. Diese Rahmenbedingungen sind Teil ihrer Fehlerkultur.
Wie Sie Ihre Rahmenbedingungen gestalten können
Um Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Fehler offen kommuniziert und nicht verschwiegen werden, sollten Sie an verschiedenen Stellen ansetzen. Auf einige der oben genannten Komponenten möchte ich im Folgenden näher eingehen:
Führungsaufgaben
Eine offene Fehlerkultur beginnt bei den Führungskräften. Hier gilt das Prinzip: Vorbild statt Leitbild. Werden nur neue Handlungsanweisungen oder Regeln an die Wand gepinnt, ändert das meist gar nichts. Nur wer mit gutem Beispiel vorangeht, zeigt, dass er oder sie hinter der Veränderung steht und diese mitträgt. Im Konkreten bedeutet dies, dass die Führungskraft dem Team die Angst vor möglichen Konsequenzen von Fehlern nehmen kann, indem sie authentisch ist und die eigenen Fehler offen kommuniziert. Wenn auf Seiten der Führungskraft jedoch alles beim Alten bleibt, gibt es auch für die Mitarbeitenden keinen Grund für eine Neuausrichtung.
Eine weitere Aufgabe der Führung ist es auf Fehlerberichte und Analysen auch Taten folgen zu lassen: Und zwar konstruktive. Denn einer der Hauptgründe Fehler nicht anzusprechen ist die Erfahrung der Mitarbeitenden, dass es ohnehin keinen Unterschied macht, ob ich etwas melde oder nicht.
Darüber hinaus ist es auch Aufgabe der Führungskraft für die Einhaltung der Rahmenbedingungen zu sorgen. Das bedeutet auch zu überprüfen, ob das Verhalten der Kollegen untereinander den vereinbarten Rahmenbedingungen entspricht. Um ein offenes Miteinander beim Thema Fehler zu etablieren, sollte zum Beispiel eingeschritten werden, wenn Mitarbeiter die Fehltritte eines Teammitglieds verurteilen oder zum Anlass für Spott nehmen.
Tipp: Machen Sie als Führungskraft den ersten Schritt, indem Sie von eigenen Fehlern erzählen und Mitarbeitende loben, wenn sie sich mit einem Fehlereingeständnis an Sie wenden. Einen konsequent positiven Umgang mit Fehlern vorzuleben, ist nicht immer leicht, insbesondere dann nicht, wenn die neue Fehlerkultur erst geübt werden muss. Gerade in so einer Umtellung kann es zu einem Fehler im Verhalten kommen. Entschuldigen Sie sich bei den Mitarbeitenden, wenn Sie aus dem Affekt auf einen berichteten Fehler ungeschickt reagiert haben. Aber sogen sie so gut wie möglich dafür, dass die vereinbarten Rahmenbedingungen für eine positive Fehlerkultur eingehalten werden.
Bonus und Beförderungssysteme
Eine wichtige Rahmenbedingung für eine positive Fehlerkultur sind Bonussysteme. Klar sind das wichtige Instrumente, um Mitarbeiter zu motivieren und zu belohnen. Allerdings können sie auch eine offene Fehlerkultur in Unternehmen verhindern.
Wenn Boni und Beförderungen ausschließlich auf individueller Leistung basieren, kann dies dazu führen, dass Mitarbeiter ihre Fehler nicht melden, aus Angst vor negativen Auswirkungen auf ihre Karriere. Es ist wichtig, dass Bonussysteme das Melden von Fehlern unterstützen, anstatt es zu hemmen. Unter Umständen kann es für Mitarbeiter sogar ratsam sein ihre Fehler verheimlichen, um ihre Chancen auf eine Belohnung zu erhöhen.
Tipp: Gestalten Sie Ihr Bonus und Beförderungs-System so, dass Teamleistung fokussiert wird anstatt der individuellen Leistung. Denn dann wird das gesamte Team belohnt, wenn ein Fehler aufgedeckt, erfolgreich behoben und eine Wiederholung verhindert wird. So wird auch ein Anreiz geschaffen, dass das Team Fehler eigenständig und unmittelbar bearbeitet.
Mitarbeiterbeteiligung
Mitarbeitende und Führung sollten gemeinsam erarbeiten, wie eine Fehlerkultur in Zukunft aussehen soll. Hierbei ist ein partizipativer Ansatz empfehlenswert, um eine gemeinsame Idee, Orientierung und Rahmenvereinbarungen zu schaffen. So steigt zum einen die Akzeptanz gegenüber Veränderungen, es ist zum anderen aber auch wichtig, einen Weg zu finden, der zum Unternehmen und den eigenen Mitarbeitenden passt.
Tipp: Treten Sie mit Ihren Mitarbeitenden in den Dialog. Erarbeiten Sie gemeinsam die Regeln, die für Sie alle in einer positiven Fehlerkultur nötig und wichtig sind. Und vereinbaren Sie, wie sie gemeinsam für die Einhaltung sorgen.
Feedbackkultur
Fehler zugeben ist das eine, auf Fehler hinweisen ist das andere. Mitunter kommt es vor, dass nicht der Mitarbeitende den Fehler bemerkt und zugibt, sondern Sie als Führungskraft in der Rolle sind, ihre Mitarbeiter auf Fehler hinzuweisen. Wichtig ist hierbei, nicht in Schuldzuweisungen zu verfallen. Damit aus Fehlern gelernt werden kann, sollten Sie in Ihrem Unternehmen über eine starke Feedbackkultur verfügen. Dabei gilt es immer lösungs- und zukunftsorientiert zu denken, anstatt rückwärts und problemzentriert. Hier bietet sich zum Beispiel ein 360-Grad-Feedback an. Dabei wird ein Fehler in einem gemeinsamen Team-Meeting ohne Schuldzuweisung besprochen und offen über Ursachen, Folgen und Beseitigung von Fehlern diskutiert.
Existiert in deiner Organisation keine Feedbackkultur oder ist diese nicht gut ausgebaut, können nur schwer Lernprozesse angestoßen und somit die Arbeit zukünftig nicht fehlerfrei gestaltet werden.
Tipp: Besonders zu Beginn sind viel Geduld und Einfühlungsvermögen gefordert, um offen mit Fehlern umzugehen und diese anzusprechen. Zeigen Sie sich Ihren Mitarbeitern gegenüber empathisch und aufgeschlossen und schaffen Sie eine Atmosphäre des nicht wertenden Austauschs. Führen Sie eine positive Feedbackkultur ein und nutzen Sie Methoden wie ein 360-Grad-Feedback, um Fehler und Fehlervermeidung gemeinsam zu besprechen.
Wie setzen Sie das nun in die Praxis um?
Wir haben gesehen, dass Fehler nur dann als Chance zur Verbesserung genutzt werden können, wenn Mitarbeitende offen über Fehler sprechen. Damit Fehler kommuniziert werden, braucht es die richtigen Rahmenbedingungen. Diese Rahmenbedingungen für eine positive Fehlerkultur zu schaffen, erfordert eine Führungskraft, die als Vorbild vorangeht, den Miteinbezug von Mitarbeitenden und eine wertschätzende Feedbackkultur.
Neue Rahmenbedingungen zu schaffen ist jedoch – wie jeder Veränderungsprozess – eine Herausforderung. Bereits am Anfang eines Transformationsprozesses sollten Unternehmen die Struktur und die Menschen darin gleichermaßen betrachten und sich beiden Seiten widmen. Für diese Betrachtung bedarf es häufig einen Blick von außen. Dabei können Berater*innen hilfreich sein, die die notwendigen Veränderungsprozesse begleiten.
Wenn Sie Rahmenbedingungen etablieren, die es nicht mehr nötig machen, Fehler zu verschweigen, können Sie Fehler nutzbar machen und langfristig zu mehr Erfolg in Ihrem Unternehmen gelangen.
Seien Sie darauf gefasst, dass in der Etablierung einer positiven Fehlerkultur auch Fehler passieren – sprich Rückfälle in die alte Umgangsweise. Gehen Sie damit möglichst produktiv und verständnisvoll um. Jeder Fehler ist eine Chance, eine neue Kultur zu etablieren.
Lesen Sie im nächsten Blogbeitrag, was passiert, wenn nicht alle Ihre Mitarbeitenden die Veränderungen mittragen möchten oder gar sabotieren: Wie beeinflussen toxische Mitarbeitende oder Führungskräfte eine positive Fehlerkultur und wie gehen Sie damit um?
Vielen Dank für Ihre Zeit!
Ihr Andreas Gebhardt
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Andreas Gebhardt ist Jongleur & Keynote Speaker. Und er hilft auch Teams dabei, ihre Fehlerkultur zu verändern. In seinen Vorträgen beleuchtet er die Wichtigkeit von Fehlern für die Weiterentwicklung und die Performance, aber auch für das soziale Klima und die Mitarbeiterzufriedenheit. Er visualisiert seine Vorträge mit Jonglierbällen und schafft dadurch eine bleibende Bildwelt, die sich lange in den Köpfen der Teilnehmer verankert.
Hier finden Sie weitere Infos zu Andreas Gebhardt und zu seinen Vorträgen über Fehlerkultur und Mut zur Veränderung.