Was ist der Wert des Fehlers? Fehler gilt es zu vermeiden, dafür arbeiten wir hart und beständig. Dennoch haben sie einen Wert und zwar nicht nur wenn es darum geht zu Lernen oder Innovationen zu ermöglichen. Heute möchte ich einem ganz anderen Aspekt nachgehen: Denn erst die Möglichkeit des Fehlers, des Scheiterns und der Zerbrechlichkeit gibt dem Bestehenden überhaupt Wert. Hier mal ein paar Gedanken dazu.

Warum baut jemand ein Kartenhaus? Warum wird jongliert? Was fasziniert an Seifenblasen? Eben. Es ist die Tatsache, dass es nicht lange hält. Das immanente Risiko des Fehlers, der Endlichkeit macht es erst faszinierend.  Was wäre das Kartenhaus, die Jonglage oder die Seifenblase wert, wenn es auf ewig bestehen würde? Nichts. Es mag vielleicht noch einen ästhetischen Wert geben, der ohne Endlichkeit Bestand hätte, aber auch das möchte ich hier bezweifeln.

Wir finden kunstvoll bemalte Ostereier und Glaskunst faszinierend. Aber es geht sogar noch weiter. Was wäre denn Gesundheit wert ohne Verletzlichkeit? Das Leben ohne den Tod? Wenn alles klappen würde und ewig Bestand hätte was wäre es dann eigentlich wert? Wenn alles klappen würde, was wir anpacken, wäre dann überhaupt noch etwas spannend? Bräuchten wir dann überhaupt Bildungseinrichtungen? Wie viele Unternehmen wären überflüssig, wenn nichts schiefgehen würde? Wenn alles klappt und ewig Bestand hat?

Macht nicht erst die Zerbrechlichkeit den Wert einer Seifenblase aus?

Wir streben in unserer täglichen Arbeit nach Fehlerfreiheit und Beständigkeit und wollen damit Werte schafften. In unserem Perfektionsdrang und mit unserer Wissenschaftsgläubigkeit verdrängen wir die Zerbrechlichkeit und Endlichkeit. Dabei würde uns etwas Demut und das Bewusstsein unserer Fehlbarkeit und Endlichkeit ganz gut tun. Dann wären wir nicht so überrascht, wenn wir damit konfrontiert werden.

Momentan wird uns der Wert unserer Demokratie bewusst, deren Zerbrechlichkeit wir gerade erleben. Das friedliche und tolerante Zusammenleben ist plötzlich keine Selbstverständlichkeit. Das wird uns mit jedem Anschlag bewusster. Bei einer jeden Beerdigung sind die Menschen schockiert von der Endlichkeit. Entsteht der Wert dessen was da ist und des Erreichten nicht erst dadurch, dass es so begrenzt haltbar ist? Macht nicht erst die Zerbrechlichkeit die Dinge für uns wertvoll? So wie die surrende Mücke am Ohr erst die Stille wertvoll macht?

Ist das der Wert des Fehlers? Dass er uns lehren will, das zu schätzen was wir haben? Wir sollten glücklich sein, dass wir lebendig und gesund sind und in Frieden leben. Dafür sollten wir erst mal lernen wahrzunehmen was wir haben in all seiner Zerbrechlichkeit und mit all den Möglichkeiten des Scheiterns. Diese Demut und Fehlerfreundlichkeit verändert unsere Perspektive und unsere Haltung zum Leben und Schaffen – und zwar vom Negativen zum Positiven.

Denn mit dieser Haltung arbeiten wir für den Erhalt des Guten. Unsere Energie ist auf das Positive ausgerichtet. Wir setzen unsere Arbeitskraft und unsere Freiheit für etwas ein, anstatt gegen etwas. Es scheint marginal zu sein, aber ich glaube das ist es nicht. Denn die Aufmerksamkeit folgt der Energie. Ob wir für tolerantes friedliches Zusammenleben eintreten oder nur gegen Terror und Gewalt sind macht einen Unterschied. Ob wir nur Fehler, Schwächen und Nachteile suchen und bekämpfen oder das Funktionierende, die Stärken und das Gute fördern macht einen großen Unterschied.

Mit all diesen Gedanken im Kopf wünsche ich Ihnen heute einen Guten Tag.