Psychologische Effekte beim Verschweigen von Fehlern
Fehler sind ein unvermeidlicher Teil unseres Lebens, sowohl im persönlichen als auch im beruflichen Kontext. Das Eingestehen von Fehlern erfordert Mut und wird oft als Tugend angesehen. Dennoch bleibt das Verschweigen von Fehlern ein weit verbreitetes Phänomen. Warum verbergen Menschen ihre Fehler, und welche Auswirkungen hat das? In diesem Artikel schauen wir einige der psychologischen Effekte an, die beim Verschweigen von Fehlern auf individueller Ebene relevant sind.
Im vorherigen Artikel habe ich die psychologischen Vorteile des Eingestehens von Fehlern untersucht. Heute wenden wir uns der anderen Seite der Medaille zu und betrachten.
Das Verschweigen von Fehlern führt zu Erschöpfung und Leistungsdefiziten
Das Verbergen von Informationen, insbesondere von Fehlern, kann erhebliche psychologische Kosten verursachen. Eine Studie von Critcher und Ferguson (2014) zeigt, dass das Verbergen von Fehlern zu erhöhter Erschöpfung führt. Diese Erschöpfung entsteht durch die ständige geistige und emotionale Belastung, Fehler zu verbergen und den Schein zu wahren. Diese dauerhafte Wachsamkeit erfordert erhebliche kognitive Ressourcen, wodurch weniger Energie und Konzentration für andere Aufgaben verfügbar sind.
Die Konsequenzen dieser Erschöpfung sind vielfältig. Die intellektuelle Schärfe leidet, da weniger Kapazität für kreatives Denken und Problemlösung bleibt. Dies führt zu geringerer Effektivität und Innovationsfähigkeit. Auch die zwischenmenschliche Beherrschung wird beeinträchtigt: Menschen, die ihre Fehler verbergen, sind emotional angespannter und weniger empathisch, was zu Spannungen und Missverständnissen führt.
Die körperliche Ausdauer leidet ebenfalls unter der mentalen Belastung des Verbergens. Dauerhafte psychische Anspannung kann zu körperlicher Erschöpfung führen, da Körper und Geist eng verbunden sind. Menschen fühlen sich müder und weniger motiviert. Schließlich wird auch die Exekutivfunktion beeinträchtigt, was zu geringerer Produktivität und Effektivität führt.
Für Führungskräfte ist es wichtig, diese Dynamik zu verstehen. In sozialen Umfeldern, die das Verbergen von Fehlern fördern, können Menschen nicht ihr volles Potenzial ausschöpfen. Führungskräfte, die eine Kultur der Transparenz und Offenheit fördern, schaffen ein Umfeld, in dem Menschen sich sicher fühlen, Fehler einzugestehen und daraus zu lernen. Dies führt langfristig zu einer gesünderen und produktiveren Arbeitsatmosphäre.
Vertrauensverlust durch das Verschweigen von Fehlern
Der Vertrauensverlust spielt eine zentrale Rolle, wenn es um das Verschweigen von Fehlern geht. Die Studie von Dunn und Schweitzer (2005) zeigt, dass Ehrlichkeit nicht nur moralisch, sondern auch praktisch wichtig ist. Wenn Menschen Fehler leugnen oder verbergen, führt das zu einem erheblichen Vertrauensverlust. Vertrauen, das einmal verloren gegangen ist, lässt sich nur schwer wiederherstellen. Menschen fühlen sich betrogen und sehen diejenigen, die ihre Schuld leugnen, als unzuverlässig und unehrlich an.
Die Studie hebt hervor, dass Ehrlichkeit im Umgang mit Fehlern der bessere Weg ist, um Vertrauen zu bewahren und wiederherzustellen. Ehrlichkeit signalisiert, dass man bereit ist, Verantwortung zu übernehmen und aus Fehlern zu lernen, was das Vertrauen stärken kann. In beruflichen Umfeldern fördert dies eine Kultur des Vertrauens und der Zusammenarbeit. Transparente Kommunikation über Fehler ermöglicht es Teams, gemeinsam Lösungen zu finden und zukünftige Fehler zu vermeiden. Eine Kultur des Verschweigens führt dagegen zu Misstrauen und ineffizienten Arbeitsprozessen.
Zusammenfassend zeigt die Studie, dass Transparenz und Integrität nicht nur ethisch, sondern auch praktisch vorteilhaft sind. Ehrlichkeit ist unerlässlich, um Vertrauen zu erhalten und wiederherzustellen.
Fehler verheimlichen führt zu Schuld und Scham
Das Verheimlichen von Fehlern führt zu intensiven moralischen Emotionen wie Schuld und Scham. Tangney, Stuewig und Mashek (2007) erklären, dass diese Emotionen die moralische Bürde und den psychologischen Stress erheblich erhöhen. Menschen, die ihre Fehler verbergen, tragen eine schwere Last, die sich negativ auf ihr Wohlbefinden und ihre psychische Gesundheit auswirkt. Schuldgefühle entstehen, weil die Betroffenen wissen, dass sie nicht ehrlich waren, während Schamgefühle durch die Angst vor Entdeckung und die Sorge um den eigenen Ruf verstärkt werden.
Diese ständige emotionale Belastung kann zu einem chronischen Zustand des Unwohlseins führen. Psychologisch gesehen, bleibt diese Bürde oft im Unterbewusstsein aktiv und beeinträchtigt die allgemeine Lebenszufriedenheit und mentale Stabilität. Der Stress, der durch das Verbergen von Fehlern entsteht, kann auch körperliche Symptome hervorrufen, wie z.B. Schlafstörungen, Kopfschmerzen und erhöhte Anfälligkeit für Krankheiten.
Langfristig gesehen, kann dieser psychologische Druck zu ernsthaften mentalen Gesundheitsproblemen führen, einschließlich Angststörungen und Depressionen. Um diese negativen Auswirkungen zu vermeiden, ist es wichtig, eine Kultur der Offenheit und des Eingeständnisses von Fehlern zu fördern. Dies hilft nicht nur, das individuelle Wohlbefinden zu verbessern, sondern auch die psychische Gesundheit insgesamt zu stärken.
Fazit für Führungskräfte
Für Führungskräfte ergeben sich aus diesen Erkenntnissen klare Handlungsimplikationen, um das Verschweigen von Fehlern zu minimieren. Oft sind es unbewusste Verhaltensweisen einer Führungskraft oder auch der Kollegen oder auch organisatorische Rahmenbedingungen, die dazu führen, dass Mitarbeiter ihre Fehler verheimlichen. Es ist entscheidend die eigene Führungsweise und Reaktion auf Fehler zu hinterfragen: Fördere ich durch mein Verhalten eine Kultur der Offenheit und des Vertrauens? Oder sorge ich unbewusst dafür, dass Fehler aus Angst vor negativen Konsequenzen verheimlicht werden?
Schaffen Sie aktiv eine Umgebung, in der Mitarbeiter sich sicher fühlen Fehler einzugestehen und daraus zu lernen. Das beginnt damit offen über sie zu sprechen. Solch eine Kultur fördert nicht nur das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit der Mitarbeiter, sondern führt auch zu einer innovativeren und produktiveren Organisation. Indem Führungskräfte diese Prinzipien in ihrer täglichen Praxis umsetzen, tragen sie maßgeblich dazu bei, dass Vertrauen gestärkt und langfristiger Erfolg gesichert wird.

Über Andreas Gebhardt: Andreas Gebhardt ist ein renommierter Vortragsredner und Spezialist für Fehlerkultur. Mit seinen einzigartigen Show-Vorträgen, in denen er das Jonglieren einsetzt, zeigt er eindrucksvoll, wie Fehler als Katalysatoren für persönliches und berufliches Wachstum dienen können. Seine Präsentationen sind nicht nur unterhaltsam, sondern vermitteln auch wertvolle Einsichten in die positive Wirkung von Fehlern.
Für weitere Informationen zu Andreas Gebhardt und seinen inspirierenden Vorträgen über Fehlerkultur, stöbern Sie einfach auf der Webseite oder treten Sie direkt mit ihm in Kontakt.
Quellen:
Critcher, C. R., & Ferguson, M. J. (2014): The cost of keeping it hidden: Decomposing concealment reveals what makes it depleting /Journal: Journal of Experimental Psychology: General, 143(2), 721-735
Dunn, J. R., & Schweitzer, M. E. (2005): Feeling and believing: The influence of emotion on trust /Journal: Journal of Personality and Social Psychology, 88(5), 736-748.
Tangney, J. P., Stuewig, J., & Mashek, D. J. (2007): Moral emotions and moral behavior / Journal: Annual Review of Psychology, 58, 345-372.