Psychologische Effekte beim Eingestehen von Fehlern

In der modernen Geschäftswelt wird zunehmend die Bedeutung einer offenen und konstruktiven Fehlerkultur betont. Doch warum ist es so wichtig, Fehler sofort einzugestehen? Und was passiert dabei? Dieser Artikel beleuchtet welche psychologischen Effekte beim unmittelbaren Eingestehen von Fehlern eine Rolle spielen – für Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen. Ich will Ihnen hier also psychologische Theorien und empirische Studien nahebringen und Ihnen fundierte Gründe liefern, warum unmittelbare Ehrlichkeit der beste Weg ist.

1. Aufbau von Vertrauen und Integrität

Reziprozitätsprinzip: Das Reziprozitätsprinzip besagt, dass Menschen dazu neigen, positiv auf freundliche und ehrliche Handlungen zu reagieren. Wenn Sie einen Fehler sofort zugeben, zeigen Sie Offenheit und Verantwortung. Diese Haltung fördert Vertrauen und Integrität vom Gegenüber und im Team. Eine Studie von Gouldner (1960) hat gezeigt, dass das Prinzip der Reziprozität tief in menschlichen sozialen Interaktionen verankert ist und Vertrauen aufbaut.

Fallstudie: Ein bekanntes Beispiel ist die Vorgehensweise von Toyota, das eine Kultur des sofortigen Fehlereingeständnisses etabliert hat. Diese Praxis hat das Vertrauen und die Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens erheblich verbessert (Liker, 2004).

2. Reduktion von kognitiver Dissonanz

Kognitive Dissonanz: Dieses Konzept, das von Leon Festinger (1957) eingeführt wurde, beschreibt den mentalen Stress, der entsteht, wenn Menschen zwei widersprüchliche Überzeugungen oder Handlungen erleben. Wenn Sie einen Fehler sofort eingestehen, reduzieren Sie diesen Stress sowohl für sich selbst als auch für andere. Dies führt zu einer harmonischeren und effizienteren Arbeitsumgebung.

Praxisbeispiel: Kognitive Dissonanz tritt auf, wenn es eine Unstimmigkeit zwischen den eigenen Überzeugungen, Werten oder Verhaltensweisen gibt. Wenn man einen Fehler macht, steht dies oft im Widerspruch zu dem Bild, das man von sich selbst als kompetent und fähig hat, was zu psychologischem Unbehagen führt. Um diese Dissonanz zu reduzieren, kann man den Fehler offen eingestehen, Verantwortung übernehmen oder seine Überzeugungen anpassen, um das Unbehagen zu mindern.  Eine Studie von Elliot und Devine (1994) demonstriert, dass Strategien zur Reduktion von Dissonanz, wie das Eingestehen eines Fehlers und die nachfolgende Einstellungsänderung, das erlebte Unbehagen verringern können.

3. Positive Resonanz und soziale Dynamik

Resonanzphänomen: Das Resonanzphänomen, ursprünglich aus der Physik stammend, beschreibt, wie Schwingungen eines Objekts eine Resonanz in einem anderen Objekt erzeugen können. Übertragen auf soziale Interaktionen bedeutet dies, dass ehrliche und offene Kommunikation positive Resonanzen erzeugt. Wenn Sie einen Fehler sofort zugeben, erzeugen Sie eine positive Rückkopplungsschleife, die das soziale Klima verbessert.

Psychologische Studien: Untersuchungen von Hatfield, Cacioppo und Rapson (1994) haben gezeigt, dass emotionale Resonanz – das Phänomen, bei dem Menschen die Emotionen anderer spiegeln – durch ehrliche Kommunikation verstärkt wird. Dies führt zu einer positiveren sozialen Dynamik und stärkeren zwischenmenschlichen Bindungen.

4. Der Benjamin-Franklin-Effekt

Benjamin-Franklin-Effekt: Dieser Effekt besagt, dass Menschen, die einem anderen einen Gefallen tun, ihre Einstellung zu dieser Person verbessern. Wenn Sie also einen Fehler zugeben und um Hilfe bei der Korrektur  oder Kommunikation bitten, erhöht dies die Sympathie und das Wohlwollen Ihrer Kollegen. Der Effekt wurde erstmals von Benjamin Franklin beschrieben und später durch verschiedene Studien bestätigt (Jecker & Landy, 1969).

Empirische Beweise: Eine Studie von Flynn und Lake (2008) zeigte, dass Menschen, die um kleine Gefallen gebeten werden, eher dazu neigen, ihre Einstellung gegenüber der Person, die um den Gefallen bat, positiv zu verändern. Dies stärkt die sozialen Bindungen und fördert eine kooperative Arbeitsumgebung.

Schlussfolgerung

Langfristig führt das unmittelbare Eingestehen von Fehlern zu höherer Mitarbeiterzufriedenheit, geringerer Fluktuation und gesteigerter Produktivität. Eine Meta-Analyse von Podsakoff, MacKenzie, Paine und Bachrach (2000) bestätigt, dass transparente und vertrauensvolle Arbeitsumgebungen direkt zu besseren organisatorischen Ergebnissen führen.

Das unmittelbare Eingestehen von Fehlern erfordert Mut. Vor allem weil man dabei auch Gefhlt wie Wut oder Scham überwinden muss. Aber zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Eingestehen von Fehlern zahlreiche wissenschaftlich fundierte Vorteile mit sich bringt. Es fördert Vertrauen, reduziert kognitive Dissonanz, verbessert die soziale Dynamik und stärkt die zwischenmenschlichen Beziehungen durch den Benjamin-Franklin-Effekt.

Call to Action

Probieren Sie es einfach mal aus: Geben Sie Ihren nächsten Fehler sofort zu und beobachten Sie die Reaktion Ihres Gegenübers. Sie werden selbst erleben, wie sehr die Wissenschaft recht hat. Diese Praxis gilt nicht nur für Führungskräfte, sondern auch für alle Mitarbeiter – jeder kann von den Vorteilen profitieren.

Andreas Gebhardt Fehlerkultur

Andreas Gebhardt-   ist ein gefragter Vortragsredner und Experte für Fehlerkultur. In seinen Show-Vorträgen nutzt er das Jonglieren, um die zentrale Rolle von Fehlern bei der persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung zu illustrieren. Sein Ansatz sorgt nicht nur für gute Laune, sondern fördert auch das Verständnis für die positive Dynamik von Fehlern.

Für detaillierte Informationen zu Andreas Gebhardt und seinen inspirierenden Vorträgen zur Fehlerkultur, schauen Sie sich einfach weiter auf der Webseite um, oder nehmen Sie direkt Kontakt auf.

Quellen:

Gouldner, A. W. (1960). The norm of reciprocity: A preliminary statement. American Sociological Review, 25(2), 161-178.

Liker, J. K. (2004). The Toyota Way: 14 Management Principles from the World’s Greatest Manufacturer. McGraw-Hill.

Festinger, L. (1957). A Theory of Cognitive Dissonance. Stanford University Press.

Elliot, A. J., & Devine, P. G. (1994). On the motivational nature of cognitive dissonance: Dissonance as psychological discomfort. Journal of Personality and Social Psychology, 67(3), 382-394.

Hatfield, E., Cacioppo, J. T., & Rapson, R. L. (1994). Emotional Contagion. Cambridge University Press.

Jecker, J., & Landy, D. (1969). Liking a person as a function of doing him a favor. Human Relations, 22(4), 371-378.

Flynn, F. J., & Lake, V. K. B. (2008). If you need help, just ask: Underestimating compliance with direct requests for help. Journal of Personality and Social Psychology, 95(1), 128-143.

Edmondson, A. (1999). Psychological safety and learning behavior in work teams. Administrative Science Quarterly, 44(2), 350-383.

Podsakoff, P. M., MacKenzie, S. B., Paine, J. B., & Bachrach, D. G. (2000). Organizational citizenship behaviors: A critical review of the theoretical and empirical literature and suggestions for future research. Journal of Management, 26(3), 513-563.