Fehler machen aus Verantwortung für die Zukunft
Beim Jonglieren ist es offensichtlich. Man kann es nur durchs Probieren lernen. Die besten Bücher, Lehrvideos und Trainer ersetzen nicht die Lektionen, die man beim Fehler machen selbst versteht. Man muss die Bälle anpacken und es ausprobieren.
Wenn ich in Workshops sage, dass man aus Fehlern lernt und deshalb auch etwas wagen muss, dann höre ich den Einwand: Ja, beim Jongleur mag das so sein, bei uns ist das aber anders. Ist es nicht – nur eben langsamer. Wie sind zum Beispiel die Medizin und die Luftfahrt zum heutigen Wissensstand gekommen?
Die ganze Luftfahrt konnte nur deshalb entstehen, weil sich Pioniere getraut haben echte Versuche, bzw. tatsächliche Bauchlandungen zu machen. Theorie alleine reichte nicht, es brauchte das Ausprobieren, um Theorie und Fluggerät zu verbessern. Sie gaben aber auch all ihr Wissen an die nächste Generation weiter. So konnten weitere Versuche unternommen werden und aufbauende Lerneinheiten wurden ermöglicht. Die heutige Flugsicherheit ist nur deshalb so hoch, weil man jeden Fehler immer noch penibel untersucht und die entsprechenden Lehren daraus zieht. Das ist dasselbe Prinzip wie beim Jonglieren lernen, nur eben langsamer, über Genrationen hinweg.
In der Medizin distanziert man sich gerne von den ersten Stunden, wo Leichen ausgebuddelt wurden, um sie anzuschauen, wo Quacksalber und Hexen mit Kräuter und Tinkturen experimentierten. Die Medizin beruft sich auf die Wissenschaft. Aber was ist Wissenschaft? Ist es nicht das verifizieren und falsifizieren von Ideen und Experimenten? Feinsäuberlich dokumentiertes Try-&-Error und das Generieren von möglichen Lerneinheiten?
Schaut man sich der Historien der einzelnen Branchen etwas genauer an, kommt man immer wieder zur erstaunlichen Erkenntnis: Anfangs sind Pioniere da, die den Wert von Probieren-&-Lernen sehr hoch einschätzten und damit Grundsteine der einzelnen Lehren gelegt haben. Wie sieht es heute aus? Warum trauen wir uns so selten ins Unbekannte? Stehen wir nicht in der historischen Verantwortung unserer Brachen, diese auch weiterzuentwickeln? Warum riskieren wir nicht viel öfters auch mal etwas zu falsifizieren? Verwaltet eine Null-Fehler-Kultur nur noch das gewonnene Wissen? Wo ist die historische Verantwortung Wissen für die nächste Generation zu generieren?
Mir geht es nicht darum alles Mögliche zu riskieren. Es gilt ganz bewusst Dinge anzupacken und auszuprobieren, sich aus der Komfortzone zu bewegen, um Weiterentwicklung zu ermöglichen.
Mein Motto: Ein Fehler ist besser als keiner.
Beim Jonglieren kann man etwas nicht beliebig oft ausprobieren, irgendwann ist die Kraft und Geduld alle. Es geht darum immer die nächste und naheliegende Lerneinheit zu finden, große Lektionen in kleine Schritte aufzuteilen und vor allem geht es darum dranzubleiben, damit man ständige Weiterentwicklung lebt und nicht nur davon spricht.
Fehler machen ist allerdings nicht das Ziel, wie es etwas überspitzt in der Überschrift behauptet wird. Aber gerade dort wo man sich nicht sicher ist wie es ausgeht, dort wo man das Risiko eingeht einen Fehler zu machen, da gewinnt man Erkenntnisse und Wissen, da findet Entwicklung und Innovation statt. Da legt man die Grundsteine auf die die nächste Generation dann weiteraufbauen kann.