Arbeitet man an Unternehmenskultur oder speziell an Fehlerkultur, dann kommt nach jedem Vortrag bzw. in jedem Workshop immer wieder die gleiche Diskussion auf: Brauchen wir überhaupt weitermachen, wenn die nächst höhere Hierarchieebene nicht da ist? Wir allein können ja eh nichts ändern!
Diese Frage muss adäquat beantwortet werden, denn daran hängt die Arbeitsfähigkeit und Motivation der Teilnehmer.
‚Wir können ja eh nichts ändern‘ – das ist richtig und falsch. Kultur, das sind Verhaltensmuster, die Art wie man zusammen arbeitet und wie man mit Führung und Regeln umgeht. Kultur, das wird wesentlich bestimmt durch die Organisation, Struktur, Prozesse, Systeme und explizite Regeln – und die kann nicht jeder einfach so ändern. Regeln sind gegeben. Andererseits bestimmt aber jeder selbst mit seinem Verhalten, wie er die Regeln auslegt, welche er als Führungskraft einfordert und wie sehr er sich danach ausrichtet. Man kann staunen wie kreativ da manche sind wenn es darum geht Ausnahmen herzustellen oder an den Regeln vorbei zu arbeiten.
Was übersehen wird ist, dass in jeder Abteilung, in jedem Bereich eines Unternehmens, trotz der gleichen Regeln, Prozesse und Richtlinien bereits unterschiedliche Organisationskultur gelebt wird. Gehen Sie in Gedanken mal durch ihr Unternehmen und sie werden es bemerken: Wenn man sich genau umschaut, dann stellt man fest, dass die Fehlerkultur von Abteilung zu Abteilung schon anders aussieht. Wie kann das sein, wo doch die gegebenen Rahmenbedingungen dieselben sind? Wie kann es also sein, dass einzelne Führungskräfte meinen, sie könnten nichts ändern und dabei schon längst etwas anders machen?
Das liegt an der Wechselwirkung, die die Kultur bestimmt. Organisationskultur bestimmt das Verhalten des Einzelnen, aber der Einzelne beeinflusst mit seinem Verhalten aber auch die Unternehmenskultur. Wenn nun einer sich nur als Opfer der äußeren Umstände sieht, dann ist das eben nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte der Wahrheit ist, dass jeder auch ein Täter, bzw. Gestalter ist. Und genau deshalb existieren diese Unterschiede. In einer Abteilung trauen sich die Mitarbeiter nach einem Fehler eine Führungskraft unmittelbar und angstfrei anzusprechen und in einer anderen ist dasselbe unvorstellbar.
Sagen Führungskräfte: ‚Wir können ja eh nichts ändern‘ unterschätzen sie den eigenen Einfluss und Gestaltungsspielraum. Ich bin der Meinung, und nur deshalb arbeite ich in diesem Bereich, dass wenn Führungskräfte aus mehreren Bereichen vorangehen, und sich gemeinsam auf den Weg machen, das eine ansteckende Wirkung ins Unternehmen hat. In einem Workshop, in dem mehrere Führungskräfte gemeinsam entscheiden, dass sie etwas ändern wollen, und sich eine gemeinsame Vision als Basis für die zukünftige Arbeit erarbeiten, da wird definitiv ein Grundstein gelegt auf den man aufbauen kann. Eine gemeinsame Sprache für das Thema wird etabliert. Partnerschaften werden ausgebaut und parallel wird aber auch Druck aufgebaut, die Richtlinien, Strukturen und Prozesse entsprechend zu verändern, damit sie zukunftsfähig sind.
Natürlich kann man Organisationskultur nicht nur mit einem Workshop verändern, es braucht Zeit, den Willen zur Veränderung, Ausdauer, die auch Rückschritte erträgt, regelmäßige Reflektion, Tools zum Nachhalten der Ergebnisse und letzten Endes braucht es natürlich auch eine Führungsetage, die das Ganze auch unterstützt. Der erste Schritt der Unterstützung zeigt sich schon in der Ermöglichung eines Workshops.
Übrigens kommt die Aussage: „Wir allein können ja eh nichts ändern“ unabhängig davon mit welcher Hierarchieebene man arbeitet. Selbst wenn man mit allen Entscheidern am Tisch sitzt, hört man genauso, dass man ja eh nichts ändern kann ohne das Team. Dass ein CEO vorgeben könne wie sich die Menschen zu verhalten haben, oder wie die Organisationskultur ab morgen aussehen soll ist genauso unwahrscheinlich wie dass die Führungskräfte alleine entscheiden wie man ab morgen zusammenarbeitet.