Fehlerkultur in einer Pizzeria oder Kunden verlieren leicht gemacht

Gestern haben wir beim Italiener zwei Pizzen bestellt. Da wir keine Speisekarte hatten, habe ich einfach durchgegeben was alles auf die Pizzen soll. Nach dem Abholen mussten wir zu Hause feststellen, dass auf einer Pizza drei von sechs bestellten Zutaten fehlten. Sich einfach nur zu ärgern bringt nichts, deshalb versuche ich immer einen positiven Umgang mit Fehlern zu suchen. Ganz im Sinne einer positiven Fehlerkultur haben wir also angerufen und gemeldet, dass da ein Fehler unterlaufen ist. Ist zwar schade wegen der enttäuschten Vorfreude auf die Artischocken, aber egal wir essen sie. Die Dame am Telefon bedankte sich und sagte wir hätten eine Pizza bei ihnen gut.

Enttäuscht schnitten wir die Pizza an und was kam da zum Vorschein? Ein eingebackenes Haar. Igitt. Erst die Enttäuschung über die fehlenden Zutaten und nun auch noch Ekel. Und das obwohl wir mit diesem Restaurant bereits gute Erfahrungen gemacht haben. Also rief ich nochmal an, erzählte von dem Haar und sagte ich komme gleich wieder vorbei und hole die Pizza, die wir gut haben ab. Ich gab alle sechs Zutaten erneut durch, lies sie mir bestätigen und fuhr los.

Pizza ohne Artischocken

Was macht ein Unternehmen mit dieser Info? Wie sieht ein konstruktiver Umgang mit Fehlern aus? Was für eine Fehlerkultur haben die dort? Wie viele Kunden würden so einen Fehler überhaupt melden? Oder haben manche Kunden vielleicht Angst vor dem unangenehmen Gespräch? Wie viele Kunden erzählen so ein Erlebnis an anderer Stelle weiter? Auf dem Spiel stehen der Kunde und der Ruf – und die Entscheidung darüber steht und fällt mit der Fehlerkultur, also dem Umgang mit Fehlern und dem Verhalten das man dabei lebt.

Ich war der Ansicht dem Restaurant einen Gefallen zu tun. Ein Fehler kann ja mal passieren, nun gut hier waren es zwei, aber jetzt können sie ja immerhin versuchen nachzuvollziehen wo der Fehler passiert ist. Hat die Frau am Telefon die Bestellung falsch aufgenommen? Hat sie es in die Küche gerufen oder schriftlich reingereicht? Hat der Pizzabäcker vielleicht nicht zugehört? Kann er die Schrift nicht lesen?

Als ich ankam entschuldigte sich die Frau kurz angebunden und ich antwortete: „Macht nichts, ein Fehler passiert jedem mal. Aber jetzt können sie ja wenigstens entscheiden wie sie damit umgehen.“ Dann verschwand sie und lies mich im Restaurant stehen. Ich musste noch wenige Minuten warten bis die Pizza fertig war. Dann kam sie wieder und drückte mir offensichtlich schlecht gelaunt eine Pizza in die Hand. Zu Hause öffnete ich den Karton und stellte fest, dass wieder eine Zutat fehlte.

Das war‘s. Schade. Zeit verschwendet bei einem gut gemeinten Telefonat, bei der Fahrerei und vor allem schade wegen der Artischocken, die wieder nicht dabei waren. Und sie hat uns nicht mal eine Flasche Wein mitgegeben, mit der sie uns über die zweite Enttäuschung hätte hinweg helfen können.

Ein Fehler kann jedem einmal passieren, das ist zwar schade, aber in so einem Zusammenhang nicht schlimm.  Im Sinne einer positiven Fehlerkultur hat sich das Unternehmen aber quasi fast komplett falsch verhalten. Der Gutschein für eine weitere Pizza war noch ganz gut, damit hat sich mich als Kunden schon mal bei der Stange gehalten. Aber anstatt dankbar zu sein, dass diese Lernchance mit einer freundlichen Fehlermeldung ermöglicht wurde, hat sie sich mir gegenüber missmutig und genervt verhalten. Sie hätte ja nicht jubeln müssen, aber mir wenigstens einen Sitzplatz anzubieten wäre schon mal ein erster positiver Schritt gewesen.

Endgültig verloren hat sie mich als Kunden aber, weil sie auch beim zweiten Mal eine Zutat vergessen hat. Ein freundlicheres Verhalten, ein positiverer Umgang mit Fehlern wäre förderlicher für das Unternehmen gewesen. Mit dieser Fehlerkultur ist es leicht Kunden zu verlieren.

Andreas Gebhardt | Jongleur und Speaker

Wenn ich etwas zum Thema Fehlerkultur erlebe, dann mache ich mir immer gleich Notizen. Dieses oben beschriebene Erlebnis ist nun schon drei Jahre her. Ich weiß, dass ich davor bereits zwei Mal zufriedener Gast in dem Restaurant war. Seither denke ich aber im Vorbeifahren immer an diese Geschichte und war seither immer noch nicht wieder dort.

Ein guter Umgang mit Fehlern, also eine positive Fehlerkultur hat das Potenzial den enttäuschten Kunden noch enger an das Unternehmen zu binden. Studien aus dem Bereich des Beschwerdemanagements haben sogar gezeigt, dass Kunden, denen nach einer Beschwerde geholfen wurde noch loyaler sind als vorher. Zudem ist es viel günstiger bestehende Kunden zu halten als neue Kunden zu gewinnen. Restaurants leben sehr vom Empfehlungsmarketing, auch hier wurde die Chance einer guten positiven Geschichte zum Weitererzählen ausgelassen.

Die Chance, die in der positiven Fehlerkultur steckt, ist sich dem Kunden also serviceorientiertes, kundenfreundliches Unternehmen zu zeigen. Aber auch Produkt- und Prozessmängel aufzudecken und abzustellen. Damit gehen Kostenersparnis und Leistungsverbesserung einher und es kann unter Umständen auch einen Beitrag zum Innovationsmanagement leisten.

Deshalb müssen weder Führungskräfte noch Chefs Angst vor Fehlern haben, sondern mit klugem Management dafür sorgen, dass aus Fehlern entsprechend gelernt wird, ganz im Sinne einer positiven Fehlerkultur. Eine Fehlermeldung sollte einen positiven Beitrag für das Unternehmen leisten können. Meistens bedeutet, wie oben beschrieben, das falsche Verhalten und der schlechte Umgang mit Fehlern erst das Scheitern.

Andreas G. Gebhardt hält Vorträge zum Thema Fehlerkultur. Hier gibt es weitere Infos zum Vortrag „Was wäre ich bloß ohne Fehler? Fall-Beispiele eines Jongleurs“

Wenn Sie mit Ihren Führungskräften an der Fehlerkultur arbeiten möchten, damit weniger Angst vor Fehlern und Scheitern vorherrscht sondern eher ein positiver Umgang mit Fehlern unterstützt wird, dann finden Sie hier weitere Informationen.