Im Spitzensport ist man sich darüber im Klaren, dass die mentale Stärke ein wesentlicher Bestandteil des Erfolges ist. Die richtigen Gedanken im richtigen Moment geben das bisschen extra Energie, um besser zu sein als der Gegner. Auch bei Jongleuren, deren Gegner ja die berechenbare Schwerkraft ist machen die Gedanken einen Unterschied.
Jeder einzelne Gedanke beeinflusst unsere Körperspannung, unser Tempo und unsere Wahrnehmung. Nehmen Sie einfach mal wahr wie sie gerade sitzen und lesen. Gemütlich und entspannt? Und nun fragen Sie sich wie es der Spinne geht, die seit einer Woche unter ihrem Stuhl lebt und gerade genüsslich an einer Fliege knabbert. Sitzen Sie nun immer noch so gemütlich und entspannt? Letzen Endes sind also die Gedanken dafür verantwortlich, ob man entspannt arbeitet oder ob man patzt. Nun kann man sich ganz in Mental-Coaching -Manier damit auseinandersetzen welche Gedanken die richtigen sind, um erfolgreich zu sein, man kann aber auch das Gegenteil machen …
Im Jonglier-Jargon nennt man einen Fehler, bei dem ein Ball runter fällt einen „Drop“. Luke Wilson (+2012), ein Jongleur der genauso gerne mit Gedanken wie mit Keulen jonglierte, hat sich gefragt welche Gedanken einem Drop vorausgehen. Das Ergebnis sind seine ‚seven deady sins‘. Diese sieben verbotenen Gedanken finde ich so klasse, dass ich sie hier gerne teilen möchte:
- Der Just-Finished-Drop (Der ‚Das-wäre-geschafft-Fehler‘)
Vor lauter spontaner Erleichterung und Freude, dass all dieses schwierige Zeugs geschafft ist baut die Aufmerksamkeit zu früh ab und vermasselt das letzte bisschen was noch „ommt“. Für den Jongleur ist das wenn man die ganze Nummer schön durchjongliert und dann beim letzten Wurf auf den letzten Ton der Musik daneben greift. Aber ich kenn es auch, dass ich eine schwierige Mail schreibe und sie dann ohne den Anhang verschicke.
- Der Hard-Bit-Coming-Drop (Der ‚Jetzt-wird-es-schwierig-Fehler‘)
In Gedanken ist man schon bei der schwierigen Aufgabe, die gleich kommt und prompt verhaut man das was man gerade macht – weil man eben gedanklich schon beim nächsten Schritt ist. Kurz bevor der schwierige Trick kommt, auf den ich mich so konzentrieren muss fällt mir etwas runter obwohl ich eigentlich gerade gar nichts mache. Klassiker: Gleich fängt das kritische Meeting an mit dem schwierigen Thema und deshalb kleckere ich beim Kaffee einschenken. Der Hard-Bit-Coming-Fehler kann aber auch passieren weil ich nachmittags zu einem Gespräch mit dem Chef muss vor dem ich so einen Bammel habe, dass mir vormittags schon alles schief geht.
- Der This-Trick-Is-Easy-Drop (Der ‚Das-ist-ein-Kinderspiel-Fehler‘)
Neben all den herausfordernden Dingen, die es zu erledigen gilt, gibt es das, was uns leicht erscheint. Das ist eine Einladung etwas zu unkonzentriert zu sein, und prompt geht es dann auch schief. Bei so einem Fehler schüttelt man nur noch den Kopf und wundert sich, dass man das überhaupt versieben kann. Kennen Sie das wenn man einen Filterkaffee macht und vergisst die Kanne drunter zu stellen?
- Der Great-Recovery-Drop (Der ‚Gerade-noch-mal-gut-gegangen-Fehler‘)
Die Situation ist echt brenzlig. Es geht gerade noch mal gut. Wow, was für eine Erleichterung. Gut gerettet. Das war knapp. Wow, was für eine Erleichterung! Und dann stolpert man auf der Treppe-pe-pe-pe. Oftmals ist es auch so, dass man in der brenzligen Situation so konzentriert ist, dass danach einfach nichts mehr an Konzentration übrig ist, oder es schießt einem danach das ganze Adrenalin ins Blut und dann geht es deshalb schief. Ich habe zum Beispiel man in einer Kletterhalle einen extrem herausfordernden Sprung in 12 Metern Höhe gemacht. Danach wurde ich am Seil runtergelassen. Die ganze Halle schaute auf den frischgebackenen Helden. Ich griff nach einer Tasse Kaffee und das Adrenalin bewirkte, dass ich ihn vor aller Augen verschüttete.
- Oh Fuck I Dropped-Drop (Der ‚Mist-ich-habe-einen-Fehler-gemacht-Fehler‘)
Man ist so geknickt und nervös weil etwas schief gegangen ist, dass man deshalb gleich danach wieder etwas falsch macht. Klassiker beim Jongleur: Man lässt etwas fallen und beim Aufhaben fällt schon wieder etwas aus der Hand. Beispiel aus dem Alltag? Wenn man wegen Kleinigkeiten am morgen schon die Einstellung hat: Heute geht sowieso alles schief, dann wird das wohl auch selbsterfüllend ein ganzer: „Oh-Fuck-I-Dropped-Drop-Day“
- I Will Not Drop-Drop (Der ‚Ich-werde-keinen-Fehler-machen-Fehler‘)
Bei dem Gedanken: Ich werde keinen Fehler machen ist der Fokus ja schon auf dem Fehler. Wie soll dabei auch was anderes rauskommen? Das führt natürlich zu einer übermäßigen Anspannung oder Überkonzentration und dann passiert es. Wenn man weiß, dass man zu Herrn Müller auf gar keinen Fall Herr Meier sagen darf aber es dauernd durcheinanderbringt. Dann sagt man sich vorher hundertmal Müller, Müller, Müller, so lange bis man sich endlich sicher ist, dass es klappt und dann steht man vor ihm und sagt: Hallo Herr Mayer, ääh Müller oder doch Meier?.
- I Will Drop-Drop (Der ‚Das-klappt-sowieso-nicht-Fehler‘)
Diese Einstellung führt dazu, dass man zu schnell aufgibt oder nicht mit aller Kraft und Entschiedenheit versucht. Man gibt eigentlich auf noch bevor man anfängt. Stellen Sie sich mal vor sie wollen einen Schritt über einen Graben machen und dann sagen Sie fünf Mal hintereinander: Das geht sowieso schief. Na wie energisch wird der Schritt wohl werden?
–
Allen diesen Gedanken drehen sich um das Thema Fehler, Beinahe-Fehler oder Nicht-Fehler. Im Laufe der Jahre kann man zwar lernen solche Gedanken zu haben, ohne dabei nervös zu werden, das kostet aber sehr viel Lehrgeld (beim Jongleur in Form von Bücken). Drehen sich die Gedanken also um das Thema Fehler wird der Fehler dadurch scheinbar heraufbeschworen.
Die einzige Frage, die aus dieser Fixiertheit herausführt ist die Frage nach dem Warum. Warum machen wir das was wir tun? Worum geht es? Denn damit wird klar, dass es in den wenigsten Fällen um Fehlerfreiheit geht, sondern darum mit seiner Arbeit etwas ganz anderes zu erreichen.