Fehler im Fokus

Kennen Sie das? Alles läuft prima, bis auf einen kleinen Fehler. Und prompt haben wir nur noch diesen kleinen Fehler im Fokus. Er zieht all unsere Aufmerksamkeit auf sich und vermasselt uns die Freude an all dem was glückt.

Ich kenne das aus folgender Situation: Ich stehe auf der Bühne, bin gut vorbereitet und sobald ich loslege, verschränkt einer in der ersten Reihe die Arme und ist so offensichtlich desinteressiert oder sogar genervt, dass ich am liebsten auf der Stelle aufhören möchte.

In meinem ersten Engagement hatte ich dreizehn Shows pro Woche. Da geht man so manche Show auf dem Zahnfleisch, weil einfach keine Energie mehr da ist. Das ist an sich kein Problem, wenn man dann Zuschauer hat, die sich freuen, mitmachen und aufmerksam sind. Für die arbeite ich gerne. Aber wenn dann so ein schwarzes Loch in der ersten Reihe sitzt, dann irritiert mich das enorm. Fragen kommen in den Kopf:  Warum ist der überhaupt da, wenn er offensichtlich keine Lust hat? Was mache ich falsch? Kann ich den irgendwie doch noch begeistern? Und ehe man sich versieht schaut man bei jedem möglichen Publikumskontakt nur noch in diese Visage.

Einem erfahrenen Artisten, der mit mir arbeitete und der mein Mentor wurde ist das aufgefallen und so sprach er mich darauf an. „Da sitzen dreihundert Leute, die Spaß haben wollen und Du spielst nur für diesen Eisklotz in der ersten Reihe? Warum ignorierst Du die Leute, die gekommen sind um einen schönen Abend zu erleben? Die anderen bemerken diesen Typen ja nicht mal. Vielleicht hat ihn heute Morgen seine Frau verlassen oder er hat sein neues Auto auf dem Weg hierher zerlegt. Warum bist Du deshalb beleidigt?“

Andreas Gebhardt -Vortrag Fehlerkultur Bühnenfoto

Was er dann aber machte war für mich eine gute Lektion. Er behauptete, dass man die Stimmung der Zuschauer als Ganzes spüren kann, wenn man das ein wenig übt. Also programmierten wir ein neues Licht für mich, dass von vorne so stark war, dass ich nicht mal mehr die Leute in der ersten Reihe sehen konnte. Und dann fragte er mich nach jeder Show, wie ich die Leute wahrnahm und tatsächlich konnte ich es spüren. Der Fehler war, sich auf das Negative zu konzentrieren und damit all das Positive aus dem Fokus zu nehmen, was viel größer und bedeutender ist. Konzentriere ich mich nur auf das Negative, dann sehe ich auch nur das Negative und verhalte mich auch entsprechend. Konzentriere ich mich auf das Positive, dann gehe ich mit ganz anderer Energie daran und wenn ich das Positive verstärke, dann habe ich sogar die Chance dass der Eisklotz wenigstens ein bisschen abschmilzt.

Inzwischen bin ich oft mit Vorträgen in Seminarräumen unterwegs, in denen ich jeden einzelnen Zuschauer sehen kann, aber es ist mir möglich meine Aufmerksamkeit denen zu schenken, die sich dafür interessieren und nicht ins schwarze Loch zu arbeiten.

Oft geht es uns auch so im Umgang mit Fehlern. Ist nur der Fehler im Fokus? Nur das, was schief läuft,dann nehmen wir uns selbst die Möglichkeit ein besseres Ergebnis zu erreichen. Natürlich muss man Fehler behandeln, sich zu gegebener Zeit damit auseinandersetzten. Aber man sollte sich nicht nur darauf fokussieren. Denken Sie wenigstens manchmal kurz drüber nach, was in Ihrem Leben eigentlich geklappt hat? Was Sie schon erreicht haben? Was Ihnen geglückt ist? Wissen Sie das zu schätzen oder sehen Sie nur das schwarze Loch?