Organisationskultur ist Aberglaube

Beginnen wir mit einer kleinen Geschichte: Wissenschaftler haben einen Kafig mit fünf Affen darin. Im Käfig steht eine Leiter, auf der die Wissenschaftler Bananen platzieren. Berührt einer der Affen die Leiter, dann löst eine Sprinkleranlage aus, die kaltes Wasser über dem ganzen Käfig versprüht. Da sind Affen auch nicht anders als Menschen, das ist wirklich unangenehm. Nach den ersten Versuchen an die Bananen zu kommen haben alle Affen begriffen, dass alle bestraft werden wenn einer versucht eine Banane zu bekommen. Und was lernen sie daraus:  Bloß nicht an die Bananen gehen. Und versucht es doch einer  mal, verhindern die anderen Affen das,indem sieihn verprügeln.

Kaum hat sich diese Lerneinheit gesetzt, tauschen die Wissenschaftler einen der fünf Affen aus. Der neue Affe kommt ins Gehege, sieht die Bananen und freut sich. Doch was passiert als er sie holen will? Er bekommt Prügel, damit er lernt, dass man sowas hier nicht macht. Diese Lektion sitzt. Danach wird ein zweiter Affe ausgetauscht, und als der sich auf den Weg zu den Bananen macht passiert das gleiche. Und wer prügelt mit? Der erste Neuankömmling.

Nach und nach tauschen die Wissenschaftler die Affen alle aus. Die Sprinkleranlage ist inzwischen sogar schon abgebaut, aber niemals wieder versucht ein Affe an die Bananen auf der Leiter zu gehen. Und das obwohl am Ende ist keiner mehr von denen im Gehege, die erlebt haben wie man nass wird.

Ob dieses Experiment stattfand oder nicht ist unwichtig, es bleibt eins schöne verdeutlichende Geschichte wie Unternehmenskultur funktioniert. Als ich das erste Mal davon gehört habe, fiel mir gleich eine Parallele aus meiner Arbeitswelt ein.

Ich habe lange Zeit auf der ganzen Welt als Jongleur gearbeitet. An die Proben zu meinem ersten großen Engagement kann ich mich noch gut erinnern. Ich war stolz wie Bolle, dass ich diesen Vertrag hatte und als ich mit Proben dran war lief ich voller Vorfreude pfeifend auf die Bühne. Doch anstatt in freudige Gesichter zu blicken erlebte staunten mich die Anwesenden fassungslos an. Irgendwas stimmte nicht, aber was?  Da wurde mir sehr schnell sehr klar gemacht, dass Pfeifen auf einer Bühne Absolut verboten sei. ‚Warum? ‘ fragte ich. ‚Das ist halt so. Mach das nicht. Das bringt Unglück. ‘ Mehr Begründung gab es nicht. Mich lies dieser Aberglaube aber nicht los und ich begegnete ihm immer wieder. Auf allen Bühnen ist das Pfeifen strengstens verboten und inzwischen weiß ich auch warum.

Waren Sie schon mal in einem großen Theater? Haben Sie schon mal einen Bühnenturm gesehen? In großen und alten Theatern werden die Vorhänge nicht zur Seite sondern nach oben weg gezogen. Auch den sogenannten Eisernen Vorhang, der zum Brandschutz dient, alles Mögliche wird nach oben weg gezogen. Früher, als es noch keine Motoren gab, musste man die Vorhänge mit purer Manneskraft nach oben wegziehen und auch wieder runterlassen. Dafür benötigte man ein ganzes Team von disziplinierten kräftigen Männern, das da oben im Turm zuverlässig, still und sicher arbeiten kann. Aber wer traut sich schon hoch oben im Turm so schwere Arbeit zu machen? Dafür hat man Seemänner angeheuert. Und die verständigten sich nun mal mit Pfeifsignalen.

Da war mir klar warum man besser nicht pfeift. Sonst könnte plötzlich ein falscher Vorhang runter kommen oder man wird gar vom Eisernen Vorhang erschlagen. Diese damals sehr sinnvolle Regel hat sich bis heute gehalten, aber inzwischen ist sie sinnlos. Es ist tatsächlich einfach nur noch ein Aberglaube. Und den gibt es übrigens nicht nur auf der Bühne, sondern überall wo man Seemänner oben in den Segeln hatte. Selbst auf einem Kreuzfahrtschiff, wo kein einziges Segel mehr existiert gilt für die Crew: Hier pfeift nur der Wind und der Kapitän.

Wieviel einer Unternehmenskultur ist eigentlich Aberglaube? Welche Regeln waren mal wichtig, sind es aber nicht mehr? Wann sollte man mal auf die jungen Mitarbeiter hören, die verblüfft nach einem ‚Warum‘ fragen. Welche Regeln sollten mal überdacht werden? Kennen Sie auch solche Beispiele?