Fehlermanagement und Fehlerkultur
Fehlerkultur und Fehlermanagement werden oft synonym verwendet. Das ist allerdings etwas ungenau.
Fehlermanagement bezeichnet den Umgang mit einem Fehler mit dem Ziel der Fehlervermeidung und der Qualitätssicherung. Die Schritte sind Fehlererkennung, Fehlerdiagnose, Fehlerkompensation und Fehlerkorrektur. Es geht um die systematische Bewertung von Fehlern und die Einleitung von Gegenmaßnahmen, um Fehler und Fehlerfolgen zu vermeiden. Fehlermanagement ist ein wichtiger Teil des Qualitätsmanagements. Vor allem im produzierenden Gewerbe.
Fehlerkultur hingegen ist ein deutlich umfassender Begriff. Er bezeichnet die Art und Weise wie mit Fehlern umgegangen wird. Kann man Fehler offen ansprechen? Gibt es Sanktionen oder anderes zu befürchten? Akzeptiert man das Risiko eines Fehlers? Das beinhaltet Fehlermanagement aber auch Risikomanagement, Innnovations- und Ideenmanagement und die entsprechende Kommunikation dazu.
Beispiel: Fehlerkultur versus Fehlermanagement
Als Entertainer habe ich viel auf Kreuzfahrtschiffen verschiedener Reedereien gearbeitet. Als ich das erste Engagement bei NCL hatte, misslang mir mitten in der ersten Darbietung eine Pirouette gleich drei Mal hintereinander. Ich machte ein Spiel mit dem Publikum daraus und nutzte die Pirouette am Ende der Darbietung als finales Highlight. Er klappte und das Publikum gab entsprechenden Applaus. Die Show dauerte insgesamt 45 Minuten. Und nach den anfänglichen Schwierigkeiten war alles gut.
Fehlermanagement heißt, dass ich den Fehler bemerke und einen unmittelbaren und transparenten Umgang damit finde. Aber es heißt auch, dass ich mich nach der Show nochmal damit auseinandersetze. Die Pirouette übe und herausfinde wo der Wurm genau drin war. Man spielt auf dem Schiff jede Show mindestens zwei Mal. Bei NCL sogar drei Mal. So hatte ich gleich die Gelegenheit zu sehen, wie mein Fehlermanagement funktionierte. Und es klappte.
Fehlerkultur hingegen bezeichnet die Art und Weise wie man damit umgeht. Und die hat mich in diesem Engagement sehr überrascht. Denn nach der Show sprach ich mit dem Cruise Director. Das ist der Verantwortliche für das Entertainment. Er fand die Show klasse. Lobte mich für den Umgang mit dem Fehler und freute sich, dass es geklappt hatte. Auch nach der dritten Show sprachen wir noch mal miteinander und er versicherte mir, dass wir uns bei NCL noch häufiger sehen werden.
Danach erfuhr ich über meine Agentur allerdings, dass er mir ein sogenanntes No-Show-Ticket ausstellte. Das bedeuted, dass er mich nicht wieder engagieren wollte, weil ich anscheinend zu viel fallen lassen würde.
Wow! Bei so einer Fehlerkultur will man auch nicht weiter zusammenarbeiten. Aber es passte zu dem Gesamteindruck, den ich vom Schiff hatte. Denn an jedem Zugang vom Crew zum Passagierbereich war ein Plakat mit einem großen Smiley, auf dem stand: Smile! Make it or fake it!
Fehlermanagement braucht eine positive Fehlerkultur
Fehlermanagement funktioniert nur wenn Fehler auch berichtet werden. Dafür braucht es eine Atmosphäre des Vertrauens und einen offenen Umgang miteinander. Das heißt ohne eine positive Fehlerkultur wird es das Fehlermanagement schwer haben.
Befürchtet man Sanktionen wird man
- Risiken vermeiden und nur das tun, was sicher klappt. Darunter leidet die Innovationsfähigkeit.
- Wird man sich bei Risiken immer doppelt und dreifach absichern. Das verlangsamt das Arbeiten, insbesondere in Ausnahmesituationen.
- Wird man Fehler, wenn möglich vertuschen. Damit kann man über das Fehlermanagement die Prozesse nicht verbessern und die Fehler können wieder auftauchen.
- Es führt zu Demotivation, innerer Kündigung, geringerer Leistungsfähigkeit und höherer Fluktuation.
In einer offenen Fehlerkultur können Fehler angstfrei kommuniziert werden. Wir leben nicht mehr in der industriellen Revolution, wo es am Fließband nur einen richtigen Weg gibt die Arbeit zu erledigen. Unsere Arbeit ist komplex und kompliziert. Unsere Umwelt und deren Anforderungen verändern sich mit zunehmender Geschwindigkeit (VUCA-Welt). Um wettbewerbsfähig zu sein brauchen wir Flexibilität, Innovationsfähigkeit, Experimente und Mitarbeiter die das leisten können und dürfen. Dabei passieren Fehler, aus denen gelernt werden will. Sanktionen führen nur dazu, dass man die Lernchancen in den Fehlern verpasst.
Fazit
Fehlermanagement ist ein elementarer Bestandteil wenn es darum geht Qualität zu verbessern und zu sichern. Dazu braucht es allerdings eine offene Fehlerkultur, in der Fehler offen und ungeniert kommuniziert werden können. Eine positiv Fehlerkultur, in der man sich gegenseitig unterstützt, wenn etwas schief geht und sein Wissen teilt.
Andreas Gebhardt ist Jongleur & Speaker und spricht in seinen Vorträgen über Fehlerkultur. Er zeigt am Beispiel des Jongleurs in welchem Gesamtzusammenhang die Fehlerkultur steht. Geht aber auch auf das Fehlermanagement und die Herausforderungen ein, die die Zusammenarbeit entstehen.