Zusammenarbeit verbessern: Heute mache ich mal einen richtig beschissenen Job
Stellen Sie sich vor, jemand kommt morgens ins Büro, schiebt den Stuhl ran, klappt den Laptop auf und verkündet mit strahlendem Lächeln:
„Heute mache ich mal einen richtig beschissenen Job!" Nicht? Noch nie gehört? Ich auch nicht. Und doch: So, wie in manchen Teams gesprochen, gedeutet und gemutmaßt wird, könnte man meinen, es gäbe Menschen mit genau dieser Mission.
Ein Kollege antwortet spät auf eine Mail?
Die Präsentation ist nicht perfekt?
Ein Termin wurde verpasst?
Zack – da ist sie: die stille (oder laute) Unterstellung, dass da jemand absichtlich schlampig war.Was für ein Quatsch. Und genau deshalb lohnt es sich, Zusammenarbeit zu verbessern – mit einer ganz simplen Grundannahme:
Niemand steht morgens auf, um alles gegen die Wand zu fahren.
Hintergründe: Warum wir dennoch das Schlechteste vermuten
Unser Gehirn ist ein echter Drama-Detektor: Es sucht nach Mustern, nach Absichten – selbst wenn gar keine da sind.
Studien zeigen, dass wir Verhalten automatisch deuten, als wäre es zielgerichtet – auch wenn es einfach nur menschlich war.
Laut dem US-Bildungsnetzwerk Edmentum „sind wir neurologisch darauf programmiert, Bedrohungen früher zu erkennen als Chancen".
Was früher vor wilden Tieren schützte, macht heute aus einer übersehenen Deadline ein potenzielles Komplott.
Doch wer unterstellt, ohne zu fragen, zerstört Vertrauen, bevor es wachsen kann. Das Gegenteil wäre: positive Absicht zu unterstellen – also davon auszugehen, dass mein Gegenüber es gut meint.
Und das lohnt sich: Laut MasterTeacher verändert diese Haltung „nicht nur die Beurteilung des anderen, sondern auch die Art, wie wir selbst kommunizieren".
Zusammenarbeit verbessern: 5 praktische Tipps für Führungskräfte
1. Gehen Sie vom Guten aus – bewusst und laut.
Nutzen Sie Sätze wie: „Ich gehe davon aus, dass du das Beste wolltest – was hat dich ausgebremst?" Das schafft Sicherheit und stärkt die Beziehung.
2. Lassen Sie Raum für Tagesform.
Leistung ist keine Maschine. Wer immer 100 % erwartet, verpasst das echte Leben – und gute Gespräche.
3. Zeigen Sie selbst, wie's geht.
Teilen Sie eigene Versäumnisse, ohne Drama – das wirkt stärker als jede PowerPoint.
Und keine Sorge: Wer Haltung zeigt, verliert nicht automatisch Autorität. Im Gegenteil: Wertschätzung und Klarheit schließen sich nicht aus – sie bedingen einander.
„Ich sehe deine Mühe – und das Ergebnis müssen wir trotzdem verbessern" ist ein starker Satz. Menschlich und klar.
4. Trainieren Sie Ihre innere Übersetzung.
Statt „Der hat das versaut" lieber: „Da ist was schiefgelaufen – ich frag mal nach." Das verändert den Ton im Team sofort.
5. Gehen Sie ins Gespräch – und fragen Sie, statt zu urteilen.
Oft reicht eine gute Frage, um den Nebel von Annahmen zu lichten. Hier ein paar Gesprächsöffner, die Zusammenarbeit wirklich verbessern können:
- „Was war deine Idee dahinter?"
- „Was wolltest du damit erreichen?"
- „Was hat dich überrascht?"
- „Was hätte dir geholfen, dass es besser läuft?"
- „Was war dein Eindruck vom Ergebnis?"
Solche Fragen holen Menschen ins Gespräch – und aus der Verteidigung. Sie zeigen Interesse an der Absicht, nicht nur am Ergebnis. Das macht den Unterschied zwischen Verhör und Vertrauen.
Und was, wenn's wirklich schlecht läuft?
Natürlich gibt es Fälle, in denen Mitarbeitende wiederholt nicht liefern, blockieren oder Verantwortung abschieben. Auch dann lohnt sich der Gedanke: „Geht's hier um Können – oder um Wollen?"
Positive Absicht zu unterstellen bedeutet nicht, alles durchgehen zu lassen. Es bedeutet, erst zu fragen, bevor man verurteilt – und dann klar zu führen.
Wer nach einem fairen Gespräch weiter blockiert, braucht Klarheit, keine Kuschelpädagogik.
Und sollten Sie diesen Artikel aus purer Lust an Ironie, Widerspruch oder gepflegtem Sarkasmus gelesen haben – kein Problem. Ich gehe trotzdem davon aus, dass Sie eigentlich die Zusammenarbeit verbessern wollen. Und das ist, ganz ehrlich, eine ziemlich gute Absicht.
Über mich
Ich bin Andreas Gebhardt – Speaker für Veränderungsbereitschaft, Fehlerfreundlichkeit und eine Zusammenarbeit, die auf Vertrauen statt Kontrolle baut.
Wenn du für dein Unternehmen Impulse suchst, wie man Haltung zeigt, ohne Härte zu verlieren – oder wie Kommunikation gelingt, ohne sich im Feedbacklabyrinth zu verlieren – dann schau gern hier vorbei:
Zu meinen Vorträgen über Fehlerkultur und mutige Führung
Quellen:
Emergenetics: The Power of Positive Intent
MasterTeacher: The Surprising Benefits of Assuming Positive Intent
Edmentum: The Power of Positive Intent
Harvard Business Review: The Power of Intent
Psychology Today: Assume Positive Intent
Scinexx: Wie unser Gehirn Absicht unterstellt