Finger Pointing – Fehlerkultur am Beispiel des Jongleurs
Fehlerkultur lässt in vielen Unternehmen zu wünschen übrig. Statt Fehler offen anzusprechen wird gerne mit dem Finger auf andere gezeigt. Neudeutsch: Finger Pointing. Hierbei sucht man statt einer Lernmöglichkeit vor Allem einen Buhmann.
Was für Auswirkungen das hat, das schauen wir uns hier am Beispiel des Jongleurs an:
Im Unternehmen Jongleur arbeiten die beiden Hände Hand in Hand. Sie spielen sich gegenseitig die Bälle zu, fangen die Aufgaben des Kollegen auf und spielen sie passend wieder zurück. Üblicherweise klappt das ganz gut. Aber es läuft nie so richtig perfekt. Abweichungen gehören zum Alltag und Fehler passieren.
Der Kopf des Unternehmens ist nicht in die alltägliche Zusammenarbeit involviert. Bei einem Fehler wird er allerdings hellhörig und schaut schon mal genauer hin. Er fragt seine rechte Hand was los war. Die antwortet: Links hat es verbockt. Und das nicht zum ersten Mal.
Klar, dass danach ein Gespräch mit Links ansteht. Sie wird zum Kopf zitiert und steht mit hängenden Fingerkuppen vor ihm. Sie weiß, dass der Kopf des Unternehmens seiner rechten Hand alles bedingungslos glaubt. Da kommt sie eh nicht dazwischen. Also versucht sie erst gar nicht sich zu rechtfertigen. Der Ball ist ja schließlich auch auf ihrer Seite runtergefallen. Das konnte jeder sehen. Aber eigentlich war es so, dass eine so große Abweichung von ihrem Kollegen Rechts ankam, dass sie schlichtweg überfordert war, diese noch in den Griff zu bekommen. Sie hat sogar noch versucht zu retten was zu retten war, aber die Zuarbeit war einfach zu schlecht.
Da es anscheinend nicht das erste Mal war, erhält sie auch gleich eine deutliche Standpauke. Der Kopf des Unternehmens droht mit einer Versetzung in die Hosentasche. Und versichert ihr, dass er ab jetzt einen genauen Blick auf die Arbeitsergebnisse der linken Hand hat.
Was wirkt sich Finger Pointing aus?
Finger Pointing verhindert vor Allem, dass man aus Fehlern lernt. Es wird gerne dann betrieben, wenn Fehler sanktioniert werden und die Konsequenzen sehr unangenehm werden können. Ab hier ist es dann ein Führungsthema. Man sollte genau prüfen inwiefern eine Angstkultur vorherrscht oder ein allzu oberflächliche Fehlerbetrachtung üblich ist.
Beim Finger Pointing ist die gedankliche Ausrichtung problemorientiert und rückwärtsgewandt. Die ursprüngliche Fehlerursache wird dabei nicht korrigiert. Er kann also jederzeit wieder auftauchen. Hinzu kommt, dass der ‚Schuldige‘ zukünftig in Angst lebt und daher eher mehr Fehler macht oder sogar einfach gar nichts mehr macht.
Besser wäre ein Umgang mit Fehlern, der lösungs- und zukunftsorientiert ist. Deshalb sollte die Frage nicht heißen: Wer ist schuld? Sondern: Was ist passiert? Können wir die Auswirkungen eindämmen? Wie können wir das in Zukunft verhindern?
Was kann man dagegen tun? Von der Fehler- zur Lernkultur
Besser wäre ein Umgang mit Fehlern, der lösungs- und zukunftsorientiert ist. Deshalb sollte die Frage nicht heißen: Wer ist schuld? Sondern: Was ist passiert? Können wir die Auswirkungen eindämmen? Wie können wir das in Zukunft verhindern?
Wie heißt es so schön? Wenn ein Finger auf andere zeigt, dann zeigen drei Finger auf einen selbst. Wie beim Jongleur: Fehler schaukeln sich oft auf. Sie haben eine Vorgeschichte von Abweichungen und Anomalien. Dass der Ball auf den Boden fällt, ist dann nur die Spitze des Eisberges. Eine sachliche und gründliche Auseinandersetzung ist das A und O, um die Prozesse langfristig zu verbessern
Schuld und Fehler passen sowieso nicht zusammen. Denn von Schuld kann man eigentlich nur sprechen, wenn ein negatives Ergebnis absichtlich herbeigeführt wurde. Fehler sind aber per Definition unabsichtlich. Was oft damit gemeint ist wenn man von Schuld spricht, ist Verantwortung zu übernehmen. Was soll man schon mit Schuld anfangen? Die macht nichts besser – im Gegenteil.
Wie kann Führung Fingerpointing begegnen?
Die Kraft positiver Annahmen
Ein wesentlicher Schritt zur Überwindung der Finger Pointing-Kultur ist die Einführung einer Denkweise, die davon ausgeht, dass jeder sein Bestes gibt. In Führungsrollen bedeutet die Umsetzung dieser Haltung, anderen gegenüber Wohlwollen zu zeigen und positive Absichten zu unterstellen, was die Teambeziehungen, Kommunikation und Motivation erheblich verbessert. Diese Annahme kann Wunder bewirken, denn sie fördert Empathie und Verständnis. Anstatt Fehler oder Schwächen zu betonen, ermutigt sie uns, nach den Gründen hinter den Ergebnissen zu suchen. Diese Herangehensweise lenkt den Fokus weg von Schuldzuweisungen hin zu konstruktiven Lösungen und fördert eine Atmosphäre der Zusammenarbeit. Die Mitarbeitenden fühlen sich wertgeschätzt und werden ermutigt, offen zu kommunizieren und gemeinsam zu wachsen.
Die Annahme, dass jeder sein Bestes gibt, stärkt das Vertrauen und schafft einen sicheren Raum für persönliche Verantwortung und kontinuierliche Verbesserung. Durch die Befürwortung dieses Ansatzes legen wir den Grundstein für eine positive und unterstützende Kultur, die nicht nur das individuelle Wohlbefinden verbessert, sondern auch eine Umgebung schafft, in der alle Beteiligten gemeinsam Erfolge erzielen können.
Die Konsequent Positive Unterstellung leben
Im Rahmen der Gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg wird diese Haltung als das Prinzip der „Konsequent Positiven Unterstellung“ (KPU) bezeichnet. Es besagt, dass menschliches Handeln stets durch Bedürfnisse motiviert ist und hinter jedem Verhalten ein guter Grund steht. Daher ist es wichtig, zunächst Verständnis für die Perspektive des anderen zu entwickeln.
Das System nach einem Fehler anzupassen, um ähnliche Fehler in Zukunft zu vermeiden
Es ist ratsam nach einem Fehler das System oder die Prozesse genau zu betrachten und ggf. zu modifizieren. Manchmal reichen kleine Anpassungen, um sicherzustellen, dass ähnliche Fehler in Zukunft vermieden oder besser bewältigen werden können. Das Anpassen des Systems auf der Grundlage vergangener Fehler ist ein intelligenterer Ansatz zur Verbesserung seiner Widerstandsfähigkeit und Wirksamkeit.