Wie sieht eine Good News Culture beim Jongleur aus?

Ich stehe auf der Bühne und jongliere mit fünf Bällen. Die Performance läuft hervorragend, ich denke schon an Folgeaufträge. Plötzlich kommt meine linke Hand ins Head-Quarter und meldet, dass sie noch Freiräume habe und da sie die Performance mit aller Kraft voranbringen möchte, bittet sie um einen weiteren Ball. Es sei ihr gewährt. Nun habe ich einen sechsten Ball hinzugenommen, aber das Jongliermuster wirkt genauso als wären es nur fünf. Egal, weiterlächeln. Da kommt die linke Hand wieder und gibt Bescheid, dass Sie noch mehr bewältigen kann, also hole ich einen siebten Ball. Wow. Auf meine linke Hand ist Verlass. Ich bemerke beim Jonglieren noch nicht einmal, dass ein weiterer Ball hinzugekommen ist. Und bald darauf nehme ich noch einen achten, neunten, zehnten und elften Ball dazu. Ich schaue immer nach oben zu meiner fantastischen Jonglage, es fällt mir immer noch so leicht, als würde ich nur fünf Bälle jonglieren. Man, bin ich heute gut drauf.

Da beschwert sich plötzlich meine rechte Hand, faselt was von Chaos und Unterbrechung. Ich ermahne sie ruhig zu sein, damit unser Erfolgskurs nicht gefährdet wird. Das finde ich unglaublich, wir liefern hier so eine klasse Performance ab und dann meckert die noch rum. Die soll sich mal ein Beispiel an der linken Hand nehmen. Gleich nach der Performance werde ich meine linke Hand befördern. Sie soll am besten den Platz meiner rechten Hand einnehmen, die sich ja heute deutlich weniger erfolgreich gezeigt hat.

Am Ende der Nummer werfe ich einen Ball hoch in die Luft und gerade als ich einen Ausfallschritt in meine Applausposition machen will, rutsche ich aus und falle. Worauf rutsche ich da gerade aus? Da liegen ja jede Menge Jonglierbälle auf dem Boden. Wie kommen die denn da hin? Ich falle nach hinten, genau auf die Bälle. Der Schmerz fährt mir ins Handgelenk.

In der Garderobe gibt die linke Hand schließlich zu, dass sie die Bälle fallen ließ, aber anstatt den Fehler zu melden forderte sie lieber einen „zusätzlichen“ Ball. Das hat meiner Performance das Genick gebrochen und mir das Handgelenk.  Nach dieser Show habe ich nicht nur den Kunden verloren, sondern auch einen Teil meiner Gesundheit, und ich schäme mich aus der Garderobe zu kommen, so sehr habe ich mich blamiert. Ich hatte die liegende, lauernde Gefahr nicht gesehen. Hätte ich bloß auch mal nach unten geschaut, hätte ich bloß auf meine rechte Hand mit ihren schlechten Nachrichten gehört.

Eine Good News Culture ist eine Unternehmenskultur in der schlechte Nachrichten nicht geäußert werden und auch nicht gehört werden wollen. Oft wird der Überbringer schlechter Nachrichten bestraft. Deshalb werden schlechte Nachrichten unter den Tisch fallen gelassen oder in positive umformuliert. Es besteht fast keine Chance über Fehler zu sprechen und aus Fehlern zu lernen.

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Andy Gebhardt ist Vortragsredner zum Thema Fehlerkultur